Der Freiballon hebt ab - Andreas bleibt am Boden
Oberberg - Um 19.42 Uhr hebt der Heißluftballon mit der Kennung D-OREI ab zu einer traumhaften Abendfahrt über das Oberbergische. Andreas bleibt am Boden. Er packt noch ein paar Sachen zusammen, dann steigt er in den Geländewagen und fährt dem Ballon nach. Andreas ist ein „Verfolger“. Ich habe ihn begleitet.
Ein warmer Sommerabend im Juli. Auf der Wiese nahe Reichshof Eckenhagen, die der Ballon-Sport-Club Reichshof e.V. als Startplatz nutzt, rollen gleich zwei Teams ihre Ballonhüllen aus. „Wir warten noch auf weniger Thermik“, sagt Andreas. Weniger Seitenwinde, etwas kühlere Luft. Andreas ist geduldig. Eine geschenkte Fahrt zum runden Geburtstag hatte ihn infiziert. Die einzige Gefahr des Ballonfahrens:
"Es macht süchtig."
Der Korb hebt ab
Plötzlich regt sich etwas auf der Wiese am Sportplatz. Das Wetter scheint passend, die Ballöner blasen mit großen Ventilatoren Luft in die Hüllen. Aus Stoffbahnen werden riesige Ballone. Die Passagiere sind aufgeregt, Pilot Torsten zieht an einem Griff. Eine Flamme schießt empor, die Luft im Ballon wird heiß und heißer. Dann hebt der Korb ab. Torsten löst das Sicherungsseil zwischen Ballon und Auto, Andreas schaut noch einmal in den Himmel und beginnt, alle Utensilien, die zum Start nötigt waren in den Anhänger zu packen. Es ist die Atmosphäre in der Welt der Ballöner, die den Verfolger bei guter Laune hält. Der freundliche Ton, die Vorfreude der Passagiere, die eine Fahrt zum ersten Mal machen.
Windrichtung
Seit 25 Jahren fährt der Reichshofer den bunten Hüllen hinterher. Ohne Leute wie ihn geht es nicht: Niemand weiß, wohin der Wind die Ballonfahrer treibt. Jemand muss sie auf irgendeinem Acker in irgendeiner ländlichen Gegend abholen. Heute kommt der Wind aus Südwesten, der Ballon entschwebt in Richtung Gummersbach. „Ich fahre am liebsten auf Sicht“, sagt Andreas und setzt sich hinters Steuer eines Ford Kuga. Ab und zu kommt per Funk ein Hinweis aus dem Korb. Auf dem Armaturenbrett liegt eine Landkarte, doch Andreas schaut nicht drauf.
„Ich kenne das Oberbergische schon sehr gut.“ Manchmal ist er mehrmals in der Woche unterwegs. Frühmorgens geht‘s in den Tag hinein, abends in die aufkommende Kühle. Über kurvenreiche Landstraßen schlägt sich Andreas nach Gummersbach durch, den rot/weißen/blauen Ballon mit der Bergischen Werbung stets im Blick. In Gummersbach überlegt er: "linksrum über die B 256 oder rechtsrum durch die Beckestraße" Er schaut noch einmal zum Ballon und wählt die Bundesstraße, biegt auf bekannte Seitenstraßen ab, dann auf unbekannte Wirtschaftswege. „Mein sportlicher Ehrgeiz ist es, bei der Landung dabei zu sein.“ Dazu braucht er Geschick – und manchmal auch Glück. „Es kann passieren, dass du nur 300 Meter entfernt bist – aber acht Kilometer fahren musst.“ Wenn es keinen Weg gibt oder keine Brücke über den Bach zwischen Landeplatz und Verfolgerfahrzeug ist. Aber bei neun von zehn Landungen schafft er es.
In den Abend schweben
Andreas hat sich nicht davon abhalten lassen, dass der Ballon Haken geschlagen hat.
Erst der Südwestwind, dann Südwind. Der Ballon schwebt an diesem Abend mit etwa
20 Stundenkilometern quer übers Oberbergische. Andreas bleibt auf den Straßen darunter
dran. Irgendwo auf einem Stoppelfeld zwischen Gummersbach und Marienheide geht der
Ballon runter. Verfolger Andreas schaut von der Straße aus zu, dann geht‘s hintenrum auf
den Acker. Er war pünktlich. Er hat es wieder geschafft.
Wie bei 90 Prozent seiner Einsätze.